Wiederhören mit einer Weltklasse-Organistin

Jane Parker Smith in Zwiesel
Jane Parker-Smith auf der Video-Leinwand

Zwiesel: Als 2005 die „Zwieseler Orgeltage“ nach 14 Jahren eingestellt wurde, war es ein Riesenverlust für (nicht nur!) das Zwieseler Kulturleben – und kaum ein Mensch hat daran geglaubt, dass es sie jemals wieder geben würde. Aber in den Köpfen einiger spukten die Visionen von einer Wiedereinführung und so formierte sich der Förderkreis „Klingende Kirche“ unter dem Dach der kath. Pfarrkirchenstiftung Zwiesel, der sich unter anderem die Wiedereinführung der „Zwieseler Orgeltage“ zum Ziel gesetzt hat.
Das Ergebnis konnten die recht zahlreich erschienen Zuhörer am Freitagabend hören, als die Organistin eines Konzertes der letzten Orgeltage 2004 die diesjährigen „Zwieseler Orgeltage“ eröffnete.
Die Londoner Organistin Jane Parker-Smith gehört zur Weltelite auf der Orgelbank und durfte Anfang der 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts als gerade einmal 20-jährige für den erkrankten Fernando Germani einspringen, der seinerzeit zu den weltbesten Organisten zählte – auch hier in Deutschland zählen viele bekannte Organisten zu seinem Schülerkreis.
Nun also zum dritten Male zeigte also Jane Parker-Smith ihr großartiges Können und einzigartiges künstlerisches Potential auf der Eisenbarth-Orgel der Zwieseler Stadtpfarrkirche.<br />Johann Gottlob Töpfer ist den meisten Organisten im Zusammenhang mit Orgelpfeifenmensuren bekannt, nur wenige wissen, dass er auch selber Orgelwerke komponierte.
Seine hochromantische Sonate d-moll war das Eröffnungsstück des Abends.
Über eine Videoleinwand konnte man die Solistin bei ihrer Arbeit beobachten: immer total gegenwärtig, technisch einfach souverän – und dann brachte sie die Musik immer wieder auf wunderbare Weise zum Klingen! Man muss es dazu sagen, denn die Mehrzahl der Musiker sind entweder gute Techniker oder haben musikalische Ausstrahlung, aber selten beides zusammen.
Jane Parker-Smith hat dieses ganz besondere Etwas, wie man beim nächsten Stück, „Claire de Lune“ aus den „24 pièces de fantaisie“ von Louis Vierne hören konnte. Während sein Kollege und Lehrer Charles Marie Widor in seinen Werken eine eher „strenge“ Ausstrahlung hatte, waren die Kompositionen Viernes sehr vom Impressionismus beeinflusst. In „Claire de lune“ dominieren zarte Streicher und Flöten, die ein hinreißendes Stimmungsbild zeichnen.<br />Selbst Fachleuten ist der finnische Organist und Komponist Oskar Merikanto nur wenig bekannt.
Einer der Höhepunkte des Abend war seine Passacaglia fis-moll op. 80, ein Werk im Stile des frühen Max Reger und sehr virtuos interpretiert durch Jane Parker-Smith.
In eine ganz andere Welt entführte „Miroir“ des niederländischen Komponisten Ad Wammes. Ad Wammes schrieb unter anderem die Musik zur „Muppets show“ und der „Sesamstraße“, hier erklang ein Stück, welches Elemente der „Minimal music“ etwa eines Steve Reich oder Philipp Glas mit melodiösen Elementen verband.
Introduction and theme“ des Engländer Herbert Sumsion erinnerten etwas an manche Stücke von Ralph Vaugham Williams mit noch stark spätromantischen Einschlägen, bevor das Konzert auf eine andere Art wirklich „very british“ wurde.
Paul Ayres Toccata über „All you need is love“ beginnt als eine ganz traditionelle Toccata im französischen Stil, bevor dann das Beatles-Thema einsetzt – die Beatles würden staunen...
Marcel Duprés „Fileuse“ (Die Spinnerin) aus seiner „Suite Bretonne“ op. 21 aus dem Jahre 1923 ist ja fast schon programmatisch: das schnurrende Spinnrad war wirklich zu hören.
Ein furioser Abschluss des Programms war das „Final“ aus Alexandre Guilmants 1. Orgelsonate d-moll. Die Solistin nahm dieses Stück in einem außergewöhnlich schnellen Tempo, und brachte es trotzdem in allen Details zum Blühen, was man besonders in den choralartigen Zwischenteilen merkte.
Es tat der großen Eisenbarth-Orgel gut, mal wieder auf so hohem Niveau gespielt zu werden, und die Zuhörer haben es sichtlich genossen!
Jane Parker-Smith bedankte sich für den reichen Beifall mit einer Zugabe von nrico Passini.
Man kann hoffen, dass dieser Auftritt der Solistin nicht ihr letzter in Zwiesel sein wird und dem Förderkreis „Klingende Kirche“ für seine Beharrlichkeit danken, die letztendlich zur Wiedereinführung der „Zwieseler Orgeltage“ geführt hat.

Aurel v. Bismarck