Mystische Klänge aus 16 Kehlen und 48 Registern
Zwiesel. Das hat es so noch nie gegeben bei den Orgeltagen: Nicht nur Orgel-, sondern auch Chorliteratur war geboten beim ersten der drei Konzerte in der Zwieseler Stadtpfarrkirche. Auf die Beine gestellt wurde diese Konzertreihe wieder vom Arbeitskreis Konzerte der Katholischen Erwachsenenbildung Regen, der Stadtpfarrei Zwiesel sowie dem Förderkreis „Klingende Kirche“.
Max Deml, Gymnasiallehrer und Konzertorganist mit internationaler Erfahrung und dem Publikum noch bekannt vom Jahreskonzert 2011 der Freien Orchestervereinigung, musizierte die „Litanies“ des Pariser Orgelvirtuosen und Komponisten Jehan Alain sowie „Prélude et Fugue sur le nom d’ Alain“ von Maurice Duruflé – und das mit viel Herz! Vor allem den Einfluss des Jazz auf die Komposition des jungen Alain spürte man und kam aus dem Staunen nicht heraus. Hochvirtuos auch Präludium und Fuge Duruflés, der sich musikalisch vor dem jüngeren Kollegen verneigte – Deml verstand es meisterlich, diese Hommage für das Publikum nachzuvollziehen.
Eingerahmt wurden diese Werke aus dem französischen Kulturraum von zwei Kompositionen für Chor. Eines vorweg: Es gibt keine Messe, die den Namen „Missa mystica“ trägt. Aber die beiden Werke, vorgetragen vom Chor NovAntica unter der Leitung von Stefan Urlbauer, klangen mystisch. Und ist nicht die Eucharistie ein Geheimnis? Über Jahrhunderte hinweg verstanden es Komponisten, auf verschiedenste Art die Menschen davon zu überzeugen.
Zwei Messen, zwischen denen mehr als 450 Jahre liegen – John Taverners „Missa Gloria tibi Trinitas“ sowie die „Berliner Messe“ des estnischen Meisters Arvo Pärt – hinterließen ein atemlos fasziniertes Publikum.
Die „Berliner Messe“, ein Auftragswerk für den dortigen Katholikentag 1990, sang das 15-köpfige Ensemble von der Orgelempore, umsichtig begleitet von Max Deml. Das sorgfältig gestaltete Programm war für das Verständnis hilfreich, man konnte sich diesem Faszinosum hingeben, der so eigenen Kompositionsweise Pärts wie dem wunderbar homogenen Klang. Ebenso wie dem Klangerlebnis des mittelalterlichen sechsstimmigen (!) Meisterwerkes. Und viele hatten wohl das Gedenkbild des verstorbenen ehemaligen Kaplans Kuchar vor Augen – all dies in der hallig-geheimnisvollen Akustik der Zwieseler Stadtpfarrkirche. Das war für Leute, die mit offenem Herzen zuhören können, Gotteserfahrung pur.
Magdalena Proft
Bayerwald-Bote 23.09.2013