Fulminantes Schlusskonzert der Zwieseler Orgeltage

Jens Goldhardt und Ralf Benschu<br> begeisterten das<br> Zwieseler Publikum
Jens Goldhardt und Ralf
Benschu begeisterten das
Zwieseler Publikum

 Was passiert, wenn ein klassisch ausgebildeter Kirchenmusiker auf einen Jazzsaxophonisten trifft? Ein interessantes Experiment, ein neuer Sound, ein Konzert, dass die Zuhörer in unerhörte Klangwelten entführt.

Beim letzten Konzert der diesjährigen Zwieseler Orgeltage begeisterten Ralf Benschu am Saxophon und Jens Goldhardt an der Orgel mit einem mutigen Konzept und großer Spielfreude.

Diese ungewöhnliche Instrumentenkombination mag verblüffen ob der Selbstverständlichkeit und des Klangspektrums mit dem beide Musiker während des Konzerts agierten. Saxophon und Orgel harmonierten mit großer Natürlichkeit, Improvisation und strenger Satz wechselten mühelos organisch, große Gefühle mit inniger Meditation. Einer der wohl angenehmsten Nebeneffekte der Sondershausener  Orgelweihe 1997 war, dass sich der in Berlin studierende Jazz- und Rocksaxophonist  Ralf Benschu zu seinem späteren Kollegen und Organisten Jens Goldhardt gesellte. Was damals als Rahmenprogramm begann sollte zu einer ungewöhnlichen und produktiven Zusammenarbeit führen.

Das in diesem Konzert etwas Neues, Erfrischendes entstehen würde war vom ersten Stück an ersichtlich. Claudio Monteverdis "Pur ti miro" stellt nicht nur eines der berührendsten Liebesduette der Operngeschichte dar sondern gab mit seiner ostinaten Begleitung im  Bass erste Spiel - räume für den Jazzsaxophonisten. Behutsam wurde zwischen Original und Soli abgewechselt. Spätestens in der darauf folgenden Eigenkomposition Benschus "Drei Lieder für kleine Leute" ließen die Interpreten ihrer Musizier- und Improvisationsfreude freien Lauf. Sie fanden sich dabei merklich nicht nur in ihrer Musik sondern auch in ihrem eigenen, typischen Klang wieder.

Beachtlich, dass sich bei aller Freiheit auch an der Musik Johann Sebastian Bachs abgearbeitet wurde. Das Saxophon tat Bachs Konzeption des Stücks als Sonate für Flöte und Cembalo in Es-Dur keinerlei Abbruch. Was man an mancher Stelle vielleicht an Artikulation vermisst haben mag wurde sowohl durch Fülle und Leuchtkraft des Tons als auch durch Einfühlungsvermögen in die Musik kompensiert. Nach einem meditativ-archaischem Klangrausch über ein Thema aus dem spätmittelalterlichen Liedschatz des zu seiner Zeit bereits geheimnisvoll - anonym gebliebenen Mönchs von Salzburg kehrten die Musiker zur eigenen Musik zurück. Beeindruckend wurde am Schluss ein Zyklus über die vier Elemente Wasser, Feuer, Erde und Luft inszeniert, in dessen Gestalt sich die Begriffe Improvisation, Komposition und Konzeption ebenfalls nahtlos überschnitten. Dass die Eigenkompositionen der beiden Musiker Lust auf Mehr machten zeigte nicht zuletzt die begeisterte Reaktion der Zuhörer. Ein Konzert, dass dennoch bei Weitem mehr Publikum verdient gehabt hätte. Es bleibt nur zu hoffen, dass die von der katholischen Erwachsenenbildung Regen e.V. initiierten Orgeltage in Zwiesel in künftigen Jahren mehr Resonanz finden.

Armin Weinfurter

Bayerwald-Bote 8.10.2013