Autumn leaves – swingende Herbstblätter

Jazzorganistin Lilo Kunkel an der Zwieseler Orgel - Foto: v. Bismarck
Jazzorganistin Lilo Kunkel an der Zwieseler Orgel - Foto: v. Bismarck

Zwiesel: Jazz auf der Orgel? Vor wenigen Jahrzehnten war das noch was Exotisches, wenn etwa Keith Jarrett an den Orgeln in Ottobeuren improvisierte. Jetzt entdecken mehr Musiker die Pfeifenorgel für den Jazz oder den Jazz für die Pfeifenorgel – wie man es nimmt. In den vergangenen Jahren gab es zum Beispiel CD-Einspielungen von David Timm oder ein Konzert bei der „Passauer Orgelnacht der Improvisation“ mit Barbara Dennerlein.

2012 – dem „Arbeitskreis klingende Kirche“ in Zwiesel und dem katholischen Erwachsenenbildungswerk im Landkreis Regen sei Dank – hatten die Orgelfreunde das Glück, Lilo Kunkel aus Würzburg zum ersten Mal auf der Zwieseler Stadtpfarrkirchenorgel zu hören. Dass jeder Organist ein so vielseitiges Instrument mit 4 Dutzend Registern von einem anderen Blickwinkel aus angeht, ist ja kein Geheimnis, aber spätestens seit Lilo Kunkels erstem Konzert in Zwiesel 2012 weiß jeder, dass auch Jazz sehr überzeugend auf der Eisenbarth-Orgel erklingen kann.

Dies aufs neue zu erfahren, hatten interessierte Orgelfreunde am vergangenen Sonntag die Gelegenheit, als Lilo Kunkel sich zum zweiten Mal in St. Nikolaus hören lies.

Diesmal hatte sie vornehmlich französischen Orgeljazz mitgebracht – Michel Legrand, Charles Trenet und vor allem Django Reinhardt sprechen für viele.

Lilo Kunkel hatte den Abend in drei Teile aufgeteilt: Ambiance (Stimmung), Amour (Liebe) und Nature (Natur).

Der erste Teil „Ambiance“ begann mit Michel Legrands „Windmill of your mind“, bevor des drei während des zweiten Weltkrieges entstandene Stücke des unvergleichlichen Django Reinhardt gab. Trotz der unbeschreiblichen Klangphantasie der Solistin – einfach irre, was sie da an exotischen Registerkombinationen auf der Orgel zusammen mixte und es klang richtig toll – hat man natürlich die alten Platten im Kopf, wo der ebenso legendäre Geiger Stephane Grapelli nicht wegzudenken ist. Aber die Stimmungen kamen richtig gut rüber!

Dank Videoübertragung konnte man die Solistin beim Spielen nicht nur hören, sondern auch beobachten, vor allem ihre sehr leichtfüßige Pedaltechnik könnte so manchen Organisten neidisch machen. Es bedurfte da nicht des sonst im Jazz üblichen Kontrabasses, sondern die Orgel bot alles mit ihrem reichhaltig bestückten Pedal.

Nach dem zweiten Teil mit Liebesliedern gab es im dritten Teil „Nature“ so manch bekannte Ohrwürmern, die wohl jeder kennt, aber die wenigsten wissen, wer sie geschrieben hat.

Charles Trainets „La mer“ konnte sich in dem großen Raum richtig gut entfalten und das bekannte „Petite fleur“ von Sidney Bechet kam als schwungvoller Tango daher – schön zungengesättigt… Nach nochmal zwei Stücken von Michel Legrand schloss das Konzert – leider ohne Zugabe – mit dem bekannten „Autumn leaves“ (Herbstblätter) von Joseph Kosma, ein schön rauschender Schluß eines tollen Konzertes!

Wie heißt es doch „aller guten Dinge sind drei“ - vielleicht gibt es irgendwann mal ein drittes Konzert mit Lilo Kunkel an der großen Eisenbarth-Orgel …

Aurel v. Bismarck